Donnerstag, 11. Oktober 2007

Psychosomatische Aspekte des nichtsymptomatischen Hirsutismus

Ich habe mir eine Dissertation aus der Bibliothek bestellt:

Madert Klaus-Klaus, Psychosomatische Aspekte des nichtsymptomatischen Hirsutismus. Inaugural-Dissertation zur Erlangung eines Doktorgrades der Medizin, Tübingen 1979.

Auf den ersten Blick sehr viel Fachchinesisch ;) *seufz*.

Einiges kann ich aber doch verstehen. Zum Beispiel das hier (S. 28):

Wir fanden keinen Zusammenhang zwischen objektivem Hirsutismusgrad vor Behandlung und subjektiver Behaarungsänderung sowie subjektivem Behandlungserfolg. Vor allem aber ist die subjektive Stärke des Leidens unter der Behaarung unabhängig von ihrer objektiv bestimmten Ausprägung.

Das heißt, es gibt Frauen mit sehr starker Behaarung, die nicht leiden. Andere haben wenige Haare mehr als das allgemeine Schönheitsideal und sie leiden viel mehr als die stark behaarten Frauen.
Bei manchen Frauen ist die Behaarung durch die Behandlung weniger geworden, aber sie fühlen sich nicht weniger beeinträchtigt als vorher mit voller Haarpracht.

Ich überlege grad, ob ich mich weniger behaart fühlen würde, wenn ich z.B. am Kinn nur noch die Hälfte der jetzt vorhandenen Haare hätte. Ich glaube nein. Entweder sind sie ganz weg, oder sie sind noch da.
Und das “ganz weg” kann mir halt keine einzige Behandlung garantieren.

Weiter im Text:

Die Abweichung der Hirsutismus-Patientinnen von der Standardgruppe bei den GT-Ankreuzungen [ich weiß nicht, was damit gemeint ist] erklären wir damit, daß nur ein Teil aller Frauen mit Hirsutismus überhaupt im Rahmen der allgemeinen Häufigkeit neurotischer Störungen über einen so großen unspezifischen Leidensdruck verfügt, daß sie mit dem Hirsutismus als “presenting symptome” zum Arzt gehen und damit zu Hirsutismus-Patientinnen werden. Zumindest vordergründig führen diese Frauen den äußeren Makel Hirsutismus als Ursache ihres Leids an und geben ihm als “Sündenbock” die Schuld für ein Leiden, das primär von einer neurotischen Störung verursacht ist, welche verhindert, den Hirsutismus als gegeben, im Grunde unerheblichen Makel hinzunehmen. Die neurotische Verarbeitung des Hirsutismus ist es, die ihn zu einem “Makel” werden lässt.

Da komme ich jetzt aber arg ins Grübeln. Wenn ich mit meiner Behaarung zum Arzt gehe, und wissen will, ob ich eine Krankheit habe oder ob alles ok ist, bin ich neurotisch? Und die Frauen, die das nicht tun, haben keinen so großen Leidensdruck, gehen nicht zum Arzt und sind daher nicht neurotisch?
Oh je, was ist denn dann mit mir, wenn ich diesen Blog schreibe. Bin ich schwer neurotisch? Vielleicht noch mit einer exhibitionistischen Komponente. Hilfe!

Und was ist mit den ganzen lieben Mitmenschen im Internet, die Körperhaare bei Frauen unästhetisch, eklig, hässlich, einfach schrecklich, unangemessen, unerwünscht, fehl am Platz oder falsch finden?

Alle therapiebedürftig aber nicht krankheitseinsichtig?

PS: Gefunden habe ich das Buch übrigens hier: worldcatlibraries

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