Montag, 21. Januar 2008

Kaiserschnitt

Ein Montagmorgen vor knapp 6 Jahren. Ich liege mit meinem schon hochschwangeren Bauch morgens im Bett, werde so langsam wach und merke, wie das Fruchwasser aus mir rausläuft. Sch…. Bitte nicht jetzt, bitte nicht hier. Es ist noch ein Monat Zeit bis zum Geburtstermin, und ich bin zwei Zugstunden entfernt von zu Hause, von meinem Geburtshaus und meiner Hebamme.

Nach und nach füge ich mich in das Unvermeidliche, der Krankenwagen kommt und bringt mich ins nächstliegende Krankenhaus. Uniklinik? Nein, da dürfen wir nicht hinfahren, das ist zu weit.

Ich lande in einem kleinen Krankenhaus, das sich grad mitten im Umzug befindet. Geburtsbadewanne? Ja. Haben wir dann in dem neuen Gebäude. Hocker? Tücher zum Ranhängen? Geburtsrad? Ja, unsere neue Station wird bestimmt ganz schick …

Die Hebamme, die mich aufnimmt ist super lieb, macht mir Mut, hört mir zu, beantwortet meine Fragen. Nachdem ihre Schicht zu Ende ist, geht sie für 2 Tage in den Urlaub. Die anderen sind weniger nett. Die Ärztinnen ebenso. Ich darf mich fast nicht bewegen, ich werde gedrängt “nur für alle Fälle” sämtliche Papiere für einen Kaiserschnitt zu unterschreiben. “Falls es wirklich notwendig ist, wird Ihnen aber vorher noch alles erklärt.” Zwei Tage später, nach endlosem Tauziehen hinter den Kulissen: “Geburt einleiten. Geburt nicht einleiten. Geburt einleiten …” habe ich morgens plötzlich 5 Leute an meinem Bett stehen und eine Kanüle im Arm. Ich weiß nicht, was das ist und wozu, als ich tierisches Ziehen im Bauch spüre, beginne ich zu ahnen, dass das der Wehentropf ist. Drei Stunden Wehen ohne Pause. Es tut nicht wirklich weh, es ist total unangenehm, ich fühle mich völlig orientierungslos, will nur noch raus, weg, in eine Höhle, allein sein, beschützt, weg von diesem kalten Raum voller Menschen zu denen ich keine Beziehung habe. Harte Hände in mir drin, eine gefühllose Stimme, die sagt, dass sich am Muttermund gar nix tut. Dieser Muttermund scheint nicht zu mir zu gehören. Am frühen Nachmittag wird mein Lebensgefährte in die Cafeteria geschickt. Just in diesem Moment, was für ein Zufall, kommt die Ärztin mit triumphierendem Lächeln und teilt der Hebamme mit, dass der Oberarzt das ok für den Kaiserschnitt gegeben hat. Dann die Mitteilung an mich, wie aus heiterem Himmel. Ich fühle mich allein, so allein …

Die Vorbereitungen beginnen, eine Maschinerie, in der ich nur ein kleines Rädchen bin. Wehentropf raus, Wehenstopper rein. Ausziehen, rasieren. Mal eben ein paar Schamhaare wegputzen? Nein, so einfach mach ich’s euch nicht. Die Hebamme hebt mein Nachthemd, schaut entsetzt und meint abfällig: “Das ist aber eine stark behaarte Frau.” Jupp. Jetzt weiß ich’s aus kundigem Munde. Irgendwie scheint sie das Fell aber dann doch in Rekordzeit runtergekriegt zu haben. OP-Hemd an, rauf auf die Liege, rein in den OP-Saal, Maske auf, und weg war ich …

Lichtjahre später aus der Ferne eine Stimme: “Sie haben ein Mädchen.”

Warum muss ich jetzt grad an die Szene aus Freaks - Mißgestaltete denken, wo alle zu der bärtigen Frau gerufen werden, die soeben entbunden hat? ;)

Na, Junge oder Mädchen?

Die Kaiserschnittwunde ist übrigens zugewuchert, die Narbe aber immer noch spürbar … Und den Spruch der Hebamme konnte ich auch bis jetzt nicht vergessen.

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